Tierschutz im Alltag
Konsumverhalten
Tierschutz besteht nicht nur aus spektakulären Tierrettungen oder Spendensammeln, wir alle können im Alltag Tierschutz betreiben.
Mit unserem Konsumverhalten beeinflussen wir das Leben unserer Nutztiere, aber auch das der Wildtiere sehr stark. Jeder und jede einzelne von uns kann diesbezüglich mit wenig Aufwand viel bewirken, indem wir unser Verhalten überdenken und langfristig ändern.
Tierische Produkte
An Land
Es müssen nicht immer Fleisch, Milch, Käse, Joghurt oder Eier sein. Dass tierische Produkte bei häufigem Verzehr ungesund sind, ist längst bekannt. Sie enthalten hauptsächlich gesättigte Fettsäuren und führen zu Gefäss- und Herzerkrankungen sowie zu Fettleibigkeit. Trotzdem isst die Schweizer Bevölkerung weiterhin sehr viel tierische Produkte. Billig sollen sie zudem auch sein – das Resultat ist Massentierhaltung und Hochleistungszucht, denn Profit geht hier über Tierwohl. Massentierhaltung ist für jedes Tier die reinste Qual, sie birgt aber auch noch weitere Risiken: Um Seuchen und Krankheiten vorzubeugen, werden massiv Antibiotika eingesetzt, die auch beim Menschen zu Resistenzen führen können. Bricht allen Vorsichtsmassnahmen zum Trotz doch eine Krankheit aus, verbreitet sie sich wegen der beengten Platzverhältnisse rasend schnell.
Im Wasser
Beim Fisch zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Heute gelten bereits 60-90% der Meeresfischbestände als überfischt¹, dazu kommen Millionen Tiere, die jedes Jahr als Beifang in den Netzen landen. Auch Fisch aus Zuchtfarmen trägt nicht zur Schonung der Bestände bei, im Gegenteil: Da in solchen Farmen grösstenteils Raubfische gezüchtet werden, besteht ihr Futter aus Fischmehl – das wiederum wird aus Wildfang hergestellt. Ungefähr ein Drittel der jährlich gefangenen Fische geht in die Futterproduktion für Zuchtfische, somit tragen die Fischfarmen einen grossen Teil zur Überfischung der Meere bei. Dazu kommt die übliche Massentierhaltungs-Problematik: Platz- und Bewegungsmangel führen zu Krankheiten, die mit Antibiotika bekämpft werden. Unverwertetes Futter, die Ausscheidungen der Fische sowie tote Tiere belasten zudem das Ökosystem der betroffenen Gebiete stark.
Alternativen
Es gibt mittlerweile für jedes tierische Produkt eine pflanzliche Alternative – vielleicht nicht genau gleich im Geschmack, aber mindestens genauso lecker. Warum nicht mal was Neues probieren und etwas Gutes für die Tiere, die Umwelt und die eigene Gesundheit tun?
Tierversuche
Tierversuche werden nicht nur in der Medizinalforschung, sondern auch für Kosmetika, Pflegeprodukte oder Haushaltsprodukte durchgeführt. In der EU ist es zwar seit März 2013 verboten, Tierversuche für Kosmetik durchzuführen, doch gibt es immer noch diverse Hintertürchen, um dieses Gesetz zu umgehen:
Neue chemische Stoffe, die beispielsweise in Arzneimitteln oder in der chemischen Industrie eingesetzt werden, müssen die Anforderungen des europäischen Chemikalienrechts REACH erfüllen. Dadurch sind Tierversuche zur Sicherheitsprüfung vorgeschrieben. Einige dieser Chemikalien können zusätzlich als Inhaltsstoffe für Kosmetikprodukte dienen (sog. „Dual-Use“). Dasselbe gilt für Inhaltsstoffe, die in Produkten wie Wandfarbe oder Reinigungsmittel Anwendung finden sollen, und zusätzlich auch in Kosmetikprodukten. Außerdem schreibt die REACH-Verordnung vor, dass auch Inhaltsstoffe, die ausschließlich in Kosmetika genutzt werden, an Tieren getestet werden müssen, wenn sich das Risiko für die Arbeiter, die den Stoff herstellen, und für die Umwelt nicht anders einschätzen lässt.
In einigen Ländern ist das Austesten von Kosmetika an Tieren nicht nur erlaubt, sondern sogar vorgeschrieben. Als bekanntestes Beispiel dafür gilt die Volksrepublik China, wo bestimmte Produkte nur nach umfangreichen Tierversuchen verkauft werden dürfen. Ein Unternehmen kann also in der EU ein sogenannt "tierversuchsfreies Produkt" verkaufen, das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass der gleiche Hersteller für dasselbe Produkt nicht Tierversuche durchführt oder in Auftrag gibt, um das Produkt beispielsweise in China verkaufen zu können. Marken, die nach China exportiert werden, sind also NIE tierversuchsfrei.
In der Schweiz existiert kein explizites Verbot, Tierversuche für Kosmetikprodukte durchzuführen. Tierschutzorganisationen hatten anlässlich der Vernehmlassung der revidierten Tierschutzverordnung im August 2006 zwar ein Verbot gefordert, das der europäischen Richtlinie entspricht. Es wurde aber vom Bundesamt für Veterinärwesen abgelehnt, mit der Begründung, das neue Tierschutzgesetz sei sehr streng und schliesse demzufolge solche Versuche aus. Trotzdem wurden 2010 wieder Tierversuche für Kosmetika durchgeführt.
Möchte man sichergehen, dass man tierversuchsfreie Produkte kauft, kann man auf diverse Labels zurückgreifen, die garantieren, dass weder das Endprodukt noch die Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurden, wie beispielsweise:
Leaping Bunny
Das "Leaping Bunny" ist ein strenges Siegel für Kosmetik sowie Wasch- und Reinigungsmittel ohne Tierversuche. Es verfolgt einen weitreichenden Ansatz, der auch Zuliefererbetriebe sowie das gesamte Produktspektrum eines Unternehmens betrifft. Alle Kriterien des Siegels sind im „Humane Cosmetics Standard“ (HCS) zusammengefasst:
- Der Hersteller darf das zertifizierte Produkt oder einzelne Inhaltsstoffe nicht an Tieren testen.
- Auch bei anderen Produkten dürfen der Hersteller oder Mutter- oder Tochterunternehmen keine Tierversuche durchführen.
- Zulieferer dürfen die Ware nicht an Tieren testen. Dies müssen sie auch schriftlich garantieren.
- Der Hersteller muss ein Kontrollsystem etablieren, um die Einhaltung des Tierversuch-Verbots zu überwachen.
- Es gibt regelmässige Überprüfungen des Kontrollsystems durch unabhängige Dritte.
Beauty Without Bunnies
Das "Beauty Without Bunnies"-Siegel ist ein strenges Siegel für tierversuchsfreie Kosmetik. Es wird von der Tierschutzorganisation PETA verliehen. Die Voraussetzungen für die Zertifizierung durch PETA sind:
- Keine Tierversuche: Der Hersteller sowie dessen Mutter- und/oder Tochterunternehmen dürfen keines ihrer Produkte an Tieren testen oder Tierversuche in Auftrag geben. Dies gilt ebenso für die Zulieferer.
- Keine Exporte in Länder mit Tierversuchspflicht.
- Vegane Rohstoffe: Es dürfen keine tierischen Rohstoffe in den Produkten verwendet werden, weder von lebendigen noch von toten Tieren.
Hase mit schützender Hand
Der "Hase mit schützender Hand" ist eines der strengsten Siegel für Kosmetik sowie Wasch- und Reinigungsmittel ohne Tierversuche. Das grundlegende Ziel ist die Vermeidung von Tierquälerei, weshalb Hersteller für die Auszeichnung nicht nur direkt auf Laborversuche an Tieren, sondern auch auf weitere Formen der Misshandlung vollständig verzichten müssen.
In Zusammenarbeit mit dem Internationalen Herstellerverband gegen Tierversuche in der Kosmetik e. V. ist der Deutsche Tierschutzbund e. V. für das Siegel und die Kennzeichnung zuständig. Einige der wichtigsten Voraussetzungen für eine Zertifizierung sind:
- Tierversuche: Eine Firma darf keine Tierversuche durchführen oder in Auftrag geben.
- Wirtschaftliche Beziehungen: Ein Unternehmen darf keine Geschäfte mit anderen Firmen tätigen, die selbst Tierversuche machen oder unterstützen.
- Rohstoffe: Grundsätzlich dürfen keinerlei Rohstoffe verwendet werden, die mit Tierquälerei oder der Tötung eines Tieres verbunden sind. Werden Stoffe genutzt, die von lebenden Tieren stammen, müssen diese den Voraussetzungen des EU-Bio-Siegels entsprechen. Ausserdem ist es verboten, mit Substanzen zu arbeiten, die nach 1979 erstmals an Tieren getestet wurden.
- Keine Exporte in Länder mit Tierversuchspflicht
- Keine Importe von Herstellern und Vertrieben, deren Produkte in tierversuchsdurchführenden Ländern hergestellt werden.
Doch was bedeutet überhaupt tierversuchsfrei? In Wirklichkeit wurden fast alle Substanzen, die in Kosmetikprodukten Anwendung finden, irgendwann an Tieren getestet. Echte tierversuchsfreie Kosmetika gibt es demnach eigentlich nicht. Neue Tierversuche für neue chemische Substanzen hingegen sind völlig unnötig. Mit jedem Kauf entscheiden wir, ob wir weiterhin Tierversuche für Kosmetika tolerieren wollen oder eben nicht.
Umwelt und Lebensräume
Regenwaldrodungen
Problematik
Um für immer grösser werdende Rinderherden Weideland zu schaffen, wird kontinuierlich Regenwald gerodet. Dasselbe gilt auch für Futtersoja, das wir in grossen Mengen importieren. Der Regenwald dient vielen Tierarten als Lebensraum, rund ²/₃ aller bekannten Tier- und Pflanzenarten leben in den Regenwäldern. Als grösster CO2-Speicher ist er auch äusserst wichtig für den Klimaschutz.
Lösungsansatz
Verzichte wenn möglich komplett auf Fleisch und andere tierische Produkte.
Monokulturen und Pestizide
Problematik
Für den Anbau von Palmöl, Avocados und anderen tropischen Früchten wird ebenfalls Regenwald gerodet. Riesige Monokulturen zerstören die Biodiversität und sind anfällig für Schädlinge und Pilze. Dies führt bei gewissen Pflanzen zu massivem Einsatz von Pestiziden. Das ist nicht nur für den Endkonsumenten ein Risiko, sondern auch für die Arbeiter in den Plantagen und die lokale Bevölkerung – darüber hinaus werden häufig Substanzen gespritzt, die bei uns aus gesundheitlichen Gründen verboten sind.
Lösungsansatz
Achte darauf, woher Deine Lebensmittel kommen. Regional und saisonal essen ist so einfach wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr.
Plastik
Problematik
Plastik stellt bereits heute ein riesiges Problem dar, sowohl für Meerestiere als auch für Landbewohner. Im Meer sammelt es sich an der Oberfläche zu grossen Plastikinseln, doch die grössten Müllstrudel verbergen sich unter der Meeresoberfläche. Der grösste dieser Strudel, der "Great Pacific Garbage Patch", umfasst eine Fläche von 1.6 Millionen Quadratkilometern unter der Meeresoberfläche zwischen Hawaii und Kalifornien.
Meerestiere verheddern sich im Plastik oder verwechseln es mit Nahrung und verenden kläglich daran. Plastik enthält ausserdem Giftstoffe wie Flammschutzmittel oder Weichmacher, die den Meeresbewohnern schaden und über die Nahrungskette auch den Menschen erreichen können. Bereits heute schwimmt im Meer sechs Mal mehr Plastik als Plankton. Darüber hinaus verrottet Plastik praktisch gar nicht, sondern zersetzt sich in immer kleinere Fragmente, sogenanntes Mikroplastik. In dieser Form verseucht es nicht nur die Meere, sondern auch unsere Gewässer und Böden.
Lösungsansatz
Benutze eine Stoff- oder Papiertragtasche statt der Plastiktüte und Wachstücher anstelle von Frischhaltefolie. Auch ein Einkauf im "Unverpackt Laden" oder auf dem Markt kann helfen, den Plastikberg zu reduzieren. Microplastik kommt auch aus dem Abwasser der Waschmaschine, da ein Grossteil der Kleider aus synthetischen Materialien besteht. Dagegen hilft das Waschen in einem Waschbeutel wie z.B. dem "Guppyfriend", der den Faserabbruch reduziert und die abgebrochenen Fasern zurückhält.
¹ Quelle: Ocean Care