Mehr als Milch und Fleisch

Datum: 25. November 2024
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Willy und Wonka, die beiden Patenkälbli der Stiftung ProTier, sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich sogenannte Nutztiere genau wie Heimtiere zu neugierigen, menschenbezogenen und lebensfreudigen Gefährten entwickeln – wenn wir sie denn lassen.

Die vor dem Mastbetrieb geretteten ProTier-Patenkälber Willy und Wonka sind mittlerweile zehn Monate alt. Inzwischen sind sie grösser als so manches Shetland Pony und ihre kleinen Hörner sind nun gut sicht- und spürbar. Obschon sie Teil einer Kuhherde in einem Stall mit konventioneller Haltung sind, unterscheiden sich die beiden von den anderen Kühen. Dies wissen sie selbst wohl gar nicht so genau und von Auge fällt dies ebenfalls nicht auf. Aber ihr Schicksal unterscheidet sich markant von dem der anderen Kühe, sind sie doch die Ausnahme im Stall als Heimtiere ohne menschlichen Nutzen.

Einzig an den Sonntagen schauen die anderen Kühe etwas verdutzt und muhen teils aufgeregt. Dann kommt nämlich jeweils Julia, Willys und Wonkas Besitzerin, in Begleitung ihres Labradors Amelia zu Besuch und nimmt die beiden auf einen Spaziergang mit.

Betritt Julia den Stall, stehen die Zwillinge immer nah beieinander. Selten sieht man sie allein, was zeigt, wie stark die Bindung zwischen den beiden ist. Ruft Julia nach ihnen, dauert es aber nicht lange, bis sie neugierig aus dem Stall traben. Eine verblüffende Ähnlichkeit zu Hunden, die auf den vertrauten Ruf ihres Halters reagieren.

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«Ob Hund oder Kuh, beide Individuen suchen den Kontakt zum Menschen.»

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Julia Brosi

Ein weiteres Verhalten, das Willy und Wonka mit vielen Haustieren teilen, ist ihre Liebe zu Streicheleinheiten. Sie geniessen es, gebürstet zu werden, fast so, als sei es eine wohltuende Massage. Gemeinsamkeiten zwischen Kühen und Hunden gibt es nicht nur im Verhalten, sondern auch bei der Intelligenz. Während Hunde oft als besonders klug und lernfähig gelten, wird Kühen dieses Potenzial aber häufig nicht zugestanden.

Was besonders beeindruckt, ist das Vertrauen, das Willy und Wonka zu Menschen aufgebaut haben. Zucken die meisten anderen Kühe bei Streichelversuchen sicherheitshalber zurück, kommen Willy und Wonka gerne noch näher, um sich kraulen zu lassen. Der gemeinsame Spaziergang an Halfter und Strick ist ein Highlight für die beiden Kälber. Neugierig beschnuppern sie die Traktoren rund um den Stall, Putzutensilien, was immer sie entdecken. Man könnte annehmen, dass Spaziergänge nur etwas für Hunde sind, doch Willy und Wonka beweisen das Gegenteil. Und ziehen einige überraschte Blicke von anderen Spaziergänger:innen auf sich.

Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass Kühe, ähnlich wie Hunde, eine Vielzahl von Emotionen erleben und ausdrücken können. Sie empfinden Freude, wenn sie gestreichelt oder liebevoll behandelt werden, und entwickeln eine starke Bindung zu Menschen, die sich um sie kümmern. Durch ihr Verhalten zeigen sie, dass sie keineswegs reine «Produzenten» sind, als was sie in der Landwirtschaft betrachtet werden.

Die beiden Kälber haben eine besondere Freundschaft zum Labrador Amelia entwickelt. Sie beschnuppern den Hund begeistert und lecken ihn liebevoll ab. Dies zeigt, dass sie auch artübergreifend freundschaftliche Bindungen aufbauen können.

Ziehen Willy und Wonka auf ihren Spaziergängen durch die Natur, wird schnell klar: Sie sind weit mehr als sogenannte «Nutztiere». Sie sind eigenständige Persönlichkeiten mit Vorlieben, Bedürfnissen und starken Bindungen zu Mensch und Tier. Willy und Wonka geniessen ihr sorgloses Leben – und wer sie persönlich kennenlernen durfte, würde niemals bezweifeln, dass Kühe genauso viel Liebe, Zuneigung und Aufmerksamkeit verdienen wie ein Hund oder eine Katze.

Die Vorgeschichte

Willy und Wonka kamen am 13. Januar 2024 per Notkaiserschnitt zur Welt, ihre Mutter konnte leider nicht gerettet werden. Nach einer Woche im Tierspital benötigten Willy und Wonka noch Infusionen im Stall und wurden ab dann von Hand aufgezogen. Zweimal täglich erhielten sie Pulvermilch aus Flaschen und verbrachten die restlichen Stunden damit, im Stroh ihres Kälberiglus zu liegen oder den kleinen Auslauf zu erkunden. Als Julia Brosi ihre Geschichte hörte, telefonierte sie mit verschiedenen Lebenshöfen aus dem ProTier-Netzwerk und merkte, dass es für Kühe nur wenige Plätze gibt. Schliesslich konnten die beiden aber in einem konventionellen Betrieb im Aargau platziert werden, wo sie nun als Patenkälbli der Stiftung ProTier leben.

ProTier hilft

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