Blick hinter die Kulissen des Tierlignadenhofs Kaisten
Im Herzen der idyllischen Landschaft, umgeben von saftigem Grün und sanften Hügeln, liegt der Tierlignadenhof Kaisten – ein Ort, an dem Tiere in Not ein liebevolles Zuhause finden. Geleitet wird dieser Hof von den Schwestern Stefanie und Janina Sutter. Zum 75-jährigen Jubiläum von ProTier haben wir uns übers Engagement für Tierschutz und Tierwohl ausgetauscht. Denn der Tierlignadenhof Kaisten widmet sich bereits seit 28 Jahren leidenschaftlich dem Schutz und Fürsorge für Tiere, die oft aus schwierigen Umständen gerettet wurden. Auch ist der Tierlignadenhof seit Beginn im Netzwerk von ProTier dabei. Gemeinsam blicken wir zurück auf ihre Erfahrungen und Einsichten. Ihr unermüdlicher Einsatz ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man einen nachhaltigen und positiven Unterschied im Leben von Tieren bewirken kann.
Josie Siegel, ProTier: Erzählt uns doch über die Anfänge des Tierlignadenhof Kaisten. Was hat Monica Spoerlé dazu inspiriert, diesen wunderbaren Ort zu gründen?
Stefanie: Monica Spoerlé gründete den Tierlignadenhof 1996, als sie mit einigen Tieren aus einer Notsituation vom Heuberg in Kaisten auf das heutige Gelände umzog. Ihre Liebe zu Tieren und das Bedürfnis, ihnen ein sicheres Zuhause zu bieten, waren ihr Hauptantrieb. Der Hof wuchs kontinuierlich, was zur Gründung eines Vereins und später, 2006, zur Umwandlung in eine steuerbefreite Stiftung führte. Dadurch wurde eine grosse Last von den Schultern aller Beteiligten genommen, und der Weg für eine nachhaltige Zukunft geebnet. Doch ihr Weg als Pionierin war nicht unbedingt leicht. Im Dorf wurde sie damals für ihre Tierhaltung belächelt. Auch in Notfällen konnte sie sich nicht auf externe Hilfe verlassen. Umso mehr sind wir von Monis Hartnäckigkeit und ihrem grossen Herz für Tiere beeindruckt. Wir sind sehr dankbar, dass sie uns den Weg geebnet hat und wir ihren Lebenstraum weiterführen dürfen.
Welche Tiere finden auf dem Gnadenhof und auf welchem Weg ein Zuhause bei euch? Gibt es eine besondere Geschichte hinter einem dieser Tiere, die dich besonders berührt?
Stefanie: Wir haben derzeit rund 180 Tiere, darunter 30 Hühner, 20 Gänse und Enten, 9 Kaninchen, 6 Zwerghasen, 2 Schweine, 21 Ziegen und Schafe, 15 Equiden (Pferde, Ponys, Esel), 14 Hunde und 33 Katzen. Jedes Tier hat seine eigene Geschichte und hat uns auf unterschiedliche Art und Weise berührt. Einige der Tiere sind Tierschutzfälle und andere wurden von Privatpersonen vermittelt aus den unterschiedlichsten Gründen wie z.B. Nachbarschaftsprobleme oder weil sie nicht mehr ins "Lebenskonzept" gepasst haben. Wir erhalten täglich Anfragen via Telefon oder E-Mail. Manchmal ist die Anzahl überwältigend. Unser Neuzugang Colette, ein 27-jährigen Shetlandpony, wurde beispielsweise von einer Beistandschaft vermittelt. Eine Dame mit Beistandschaft hat sich unerlaubt das Pony gekauft. Ihr fehlten jedoch die finanziellen Mittel, die Zeit und das notwendige Wissen, sich um das Pony zu kümmern. Die Beistandschaft schlug Alarm, da die erwachsene Besitzerin auch reiterliche Versuche startete und Colette dabei verletzte. Die Vermittlung eilte also sehr. Noch am gleichen Tag als der Anruf kam, konnten wir zum Glück eine Rettung organisieren und Colette fand schliesslich ihren Weg zu uns.
Wie habt ihr die Leidenschaft für den Tierschutz entdeckt?
Janina: Stefanie und ich waren schon immer sehr tierlieb, durften aber zu Hause keine Tiere halten. Unser Kinderhüeti hat uns einmal auf den Hof von Moni mitgenommen, und seit diesem Zeitpunkt kamen wir regelmässig zum Helfen vorbei. Mit 8 Jahren hat unsere Leidenschaft begonnen und ist seitdem stetig gewachsen.
Wie hat sich der Gnadenhof seit seiner Gründung entwickelt? Was waren die größten Herausforderungen auf diesem Weg?
Janina: Der Gnadenhof hat sich enorm entwickelt. Von den anfänglichen 120 Tieren sind wir auf 180 Tiere gewachsen. Die grösste Herausforderung war die notwendige Haussanierung des 200 jährigen Bauernhauses, die eine enorme finanzielle Belastung darstellte. Auch die täglichen Anfragen und der zum Teil damit verbundene emotionale Druck, Tiere aufzunehmen, sind eine ständige Herausforderung. Dennoch sind wir sehr dankbar für unser Leben und unsere Tätigkeit auf dem Hof.
Wie schätzt du die Zukunft in Bezug auf Tierschutz und Lebens- und Gnadenhöfe ein?
Janina: Die Bewegung der Lebenshöfe ist noch recht jung, wird aber zunehmend in der Gesellschaft wahrgenommen. Auch die Anzahl der Transfarmationen von landwirtschaftlichen Betrieben nimmt zu. Heutzutage ist es dank Social Media leichter in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden und sich untereinander zu vernetzen. Es stellt sich jedoch die Frage der Langlebigkeit dieser Betriebe. Da auch wie bei anderen Höfen Themen wie die Nachfolgeregelung und Finanzierung entscheidend sind. Mit Spendeneinnahmen sich langfristig zu finanzieren ist und bleibt eine Herausforderung.
Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass es jedoch keine Gnadenhöfe mehr in diesem Sinne braucht, weil jedes Tier ein gutes Zuhause hat. Da unsere Gesellschaft aber leider noch nicht so weit ist, ist es enorm wichtig, dass das der Vollzug des Tierschutzgesetzes konsequent durchgesetzt wird und auch die Ausbildungen im Bereich Tierhaltung verstärkt ausgebaut werden.
Was würdest du Menschen raten, die sich für den Tierschutz engagieren möchten?
Janina: Alle können einen Beitrag leisten. Informiert euch, wie ihr helfen könnt, sei es durch Spenden, Freiwilligenarbeit oder die Aufklärung anderer Menschen. Wenn jemand einen Gnadenhof gründen möchte, ist es wichtig, klein anzufangen, sich mit den notwendigen Gesetzen auszukennen und eine gute Balance zwischen der Arbeit mit den Tieren aber auch mit den Menschen zu finden. Ausserdem ist es äusserst hilfreich, bereits eine passende Liegenschaft oder einen Hof zu besitzen. Denn auf der Suche nach einem geeigneten Ort scheitern leider die Meisten Träume.
Welche Möglichkeiten gibt es, den Tierlignadenhof Kaisten zu unterstützen?
Janina: Wir sind immer auf der Suche nach Spenden und Unterstützung, besonders für unsere laufenden Projekte wie den dringend benötigten Stallumbau. Auch Freiwillige, die langfristig helfen möchten, sind sehr willkommen. Firmen können Teamanlässe bei uns veranstalten und so ihren Beitrag leisten.
Vielen Dank, Janina und Stefanie, für eure Zeit und für die vergangenen 28 Jahre Tierschutz. Wir schätzen euch und eure Arbeit sehr und freuen uns, dass ihr Teil des ProTier Lebens- und Gnadenhof Netzwerkes seid.
Werden Sie Teil der nächsten Erfolgsgeschichte!
Unterstützen Sie den Lebenshoffonds
Um die Versorgung der Tiere zu gewährleisten und anstehende Umbauprojekte zu realisieren zu können, sind Lebens- und Gnadenhöfe auf Spenden angewiesen. Unser Lebenshoffonds unterstützt bestehende Gnaden- und Lebenshöfe beim Betrieb und fördert zukünftige Höfe bei deren Aufbau und Gründung. Wir würden uns sehr über Ihre Unterstützung freuen.