Glücksort für Pferdeseelen

Datum: 25. November 2024
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Seit viereinhalb Jahren existiert der Gnadenhof Animal’s Soul in Stein AG. Mit seinen grosszügigen Anlagen und einem Team, das genau weiss, was es tut, ist er zu einem wunderbaren Zuhause für Pferde und Esel geworden, die es nicht einfach hatten.

Wer einen Schritt in die Stallungen des Gnadenhofs Animal’s Soul in Stein AG macht, kommt bereits das erste Mal ins Staunen: Blitzblank glänzen der helle Stallgang und die übergrossen Pferdeboxen. Selbst Details sind gepflegt und wohlüberlegt arrangiert – von der liebevollen Dekoration bis zu den in jeder Box aufgehängten Rüebli-Holzrinden-Häppchen.

«Mir ist die Sauberkeit auf dem Hof wichtig», sagt Nadja Wüthrich. Sie ist die Präsidentin des Vereins Animal’s Soul und betreibt den Hof gemeinsam mit Olga Beck und Sandra Riedi. Entstanden sind Verein und Gnadenhof aus der Idee heraus, misshandelten oder vernachlässigten Pferden, Ponys und Eseln einen sicheren Lebensabend zu ermöglichen.

Nadja Wüthrich ist seit 18 Jahren Präsidentin des Tierschutzbundes Basel Regional, der unter anderem in seinem Katzenheim in Muttenz jährlich weit über 300 Katzen aufnimmt. «Pferde können wir dort aus Platzgründen nicht unterbringen», sagt Wüthrich. So packte sie vor einigen Jahren die Chance, als sich dank einer befreundeten Mäzenin die Möglichkeit bot, einen Pferdehof oberhalb des Dörfchens Stein zu kaufen. 2018 wurde der Verein gegründet, im April 2020 – mitten in der Corona-Krise – wurde der Gnadenhof eröffnet.

Eine rüstige Esel-Oma

Inzwischen leben hier acht Pferde und drei Esel. Momentan sind ihre Stallboxen leer, denn den Tag verbringen die Tiere draussen – die Esel in einem Auslauf gleich hinter dem Stall, die Pferde gemeinsam auf der Weide. Wer die Aussenanlagen des Gnadenhofs erkundet, kommt zum zweiten Mal ins Staunen: Sie sind grosszügig, bieten verschiedene Rückzugsmöglichkeiten und einen direkten Weidezugang – ein Paradies für die geschundenen Tierseelen.

Die drei Esel Mira, Maja und Luna erwarten die Besucher:innen auf einem grossen, befestigten Platz. «Sie kamen im Mai 2020 als erste Bewohnerinnen zu uns», erzählt Wüthrich. Ein benachbarter Bauer habe einen Platz für sie gesucht. Mira schaut etwas zerzaust aus. Nicht weil es ihr schlecht geht – es liegt an ihrem Alter: Unglaubliche 35 Jahre hat die Esel-Oma auf ihrem Buckel. «Sie ist immer noch gut im Schuss – und kann ganz schön hartnäckig sein, wenn sie etwas haben will», sagt Wüthrich. Wenn Mira beispielsweise auf die Esel-Weide unterhalb des Hofs möchte, bleibt sie einfach vor dem Tor stehen, bis es jemand aufmacht.

Dass die drei Eseldamen nicht immer auf der Wiese sind, hat zwei Gründe. Zum einen gilt es bei Eseln achtzugeben, dass sie nicht zu viel fettes Gras in den Magen bekommen. Als ursprüngliche Bewohner von kargen, felsigen Gebieten setzen sie schnell Übergewicht an. Zum anderen leidet Luna, Miras Tochter, an der Entzündungskrankheit Hufrehe. «Die Zuckerstoffe im Gras würden die Krankheit verschlimmern», sagt Nadja Wüthrich.

Sportpferde und Tierschutzfälle

Die acht Pferde geniessen den Tag weiter oben am Hang auf einer riesigen Weide. Die Augustsonne brennt erbarmungslos, die Tiere haben sich deshalb im Schatten eines mächtigen Birnbaums versammelt. Als Nadja Wüthrich und Olga Beck zu ihnen in die Weide steigen, kommen sie sofort und lassen sich kraulen. Es sind sehr gepflegte Tiere – die Grösse und Feingliedrigkeit der meisten verrät ihre Herkunft. «Viele unserer Pferde stammen aus der Sportszene», sagt Nadja Wüthrich. «Tiere aus dem Pferdesport sind oft nach wenigen Jahren körperlich ausgelaugt.»

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«Als seine Leistungen dem Besitzer nicht mehr genügten, sollte er geschlachtet werden.»

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Nadja Wüthrich

Ein Beispiel ist der Wallach Zorro, ein wahrer Riese. Er stammt aus einem Galopprennstall. «Als seine Leistungen dem Besitzer nicht mehr genügten, sollte er geschlachtet werden», erzählt Wüthrich. Animal’s Soul konnte ihn übernehmen. «Anfangs war er schwierig, er hat Menschen richtiggehend gehasst und uns angegriffen.» Inzwischen ist Zorro ein ruhiges, ausgeglichenes Mitglied der Herde.

An ein Wunder grenzt die Verwandlung von Punta. Die grosse, fuchsfarbene Stute kam vor ungefähr zweieinhalb Jahren mit sechs anderen Pferden und Ponys auf den Hof – alle stammten aus einem Tierschutzfall. «Punta war in einem so schlechten Zustand, dass wir nicht wussten, ob sie es packen würde», sagt Nadja Wüthrich. Sie war völlig abgemagert und übersät von Wunden und Hautpilzen. «Wir mussten sie mehrmals pro Woche mit einer speziellen Emulsion waschen und abschrubben – unter Lebensgefahr, weil sie das nicht gernhatte.»

Mit viel Geduld, Einsatz und Spezialfutter gelang es, Punta aufzupäppeln. Sie legte an Gewicht zu, sie wurde lustig, anhänglich und es kam Leben in sie. Heute ist sie eine wunderschöne Pferdestute, die ihren besten Freund Zorro über alles liebt und nicht aus den Augen lässt. «Solche Erfolge machen die Tierschutzarbeit schön», sagt Wüthrich.

Kinder sensibilisieren

Zum dritten Mal ins Staunen gerät, wer die übrigen Räumlichkeiten auf dem Hof inspiziert: Da gibt es einen Schlechtwetter-Laufstall, Aussenunterstände, einen Heustock und eine direkt angeschlossene Reithalle. Zudem eine Küche mitsamt Seminarraum, die der Verein bei Interesse vermietet oder selbst Essen und Veranstaltungen organisiert.

Wichtig ist dem Team, den Tierschutzgedanken an die junge Generation weiterzugeben. So kommen regelmässig Kinder auf den Hof, um den Umgang mit Pferden zu lernen. «Die Kinder machen zum Teil auch Bodenarbeit mit den Pferden, aber es ist keine Reitschule», sagt Wüthrich. Auch Schulklassen werden künftig Halbtage auf dem Gnadenhof verbringen dürfen.

Man merkt: Hier sind nicht nur die Pferde und Esel in guten Händen, sondern es reift ein Vorzeigeprojekt heran, das den Tierschutz in die Bevölkerung trägt. Oder wie Nadja Wüthrich es formuliert: «Die Wurzeln des Projekts beginnen langsam zu greifen.»

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