Erlebenshof Vilztür – ein nachhaltiger Lebensraum
Der Erlebenshof Vilztür von Karin Schuler liegt idyllisch auf dem Weg zum Mostelberg oberhalb von Sattel mitten in einem schönen Wandergebiet. Der Lebenshof bietet nicht nur sogenannten Nutztieren ein Zuhause, sondern ist dank seiner sorgfältig gestalteten Umgebung auch ein wahres Paradies für die lokale Flora und Fauna.
An einem solch prächtigen und warmen Herbsttag wie bei meinem Besuch, zeigt er sich von seiner besten Seite. Karin begrüsst mich sehr herzlich und ich fühle mich sofort willkommen bei ihr auf dem gepflegten Hof. Dieser gehörten Karins Vater, der ursprünglich einen konventionellen Bauernbetrieb hatte. Leider verstarb er schon vor längerer Zeit. Dies bildete vor über 15 Jahren den Anfang des heutigen Erlebenshofs Vilztür. Seitdem hat sich viel getan auf dem Hof, und er ist noch immer im Wandel.
Für Karin war immer klar, dass ihre Tiere bei ihr einen Lebensplatz haben und nie mehr wegmüssen. Sie dürfen auf dem Hof wohlbehütet alt werden und ein erfülltes Leben geniessen. Karin selbst wohnt unten im Dorf Sattel. Jeden Morgen fährt sie in aller Früh rauf zu ihren Tieren, um zu misten, sie zu füttern und zu pflegen. In schneereichen Wintern heisst das um 5 Uhr raus aus den Federn, da sie oft sogar einen Teil der Strecke zu Fuss gehen muss, weil sie mit dem Auto den Hof bei viel Schnee oder Glätte nicht erreicht.
Wenn die Tiere versorgt sind, fährt sie zu ihrer Arbeitsstelle im nahe gelegenen Schwyz und finanziert so bisher ihren Betrieb. Eine grosse finanzielle Herausforderung in Anbetracht dessen, dass nebst den Kosten für die Tiere auch Gehege und Aussenbereich erstellt werden müssen, um den verschiedenen Tierarten gerecht werden zu können. Zurzeit besteht das Gebäude aus zwei getrennten Teilen. Im hinteren Teil, einer riesigen Scheune, soll nun die Aussenwand isoliert werden, damit die Tiere vor Zugluft geschützt sind, und es soll daneben der Platz genutzt werden, um neue Innengehege für weitere Tiere in Not zu erstellen.
Karins tierische Familie
Yulla und Chipsy sind die Hofwächter und begleiten sie den ganzen Tag. Zwei bezaubernde Hunde, die es lieben, gestreichelt und gekrault zu werden. Dafür schubst Yulla ihren 16-jährigen Hundefreund Chipsy gerne auch mal zur Seite und stellt sich in den Mittelpunkt, um die ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten.
Chipsy hat Karin aus dem Tierheim Paradiesli geholt, und er ist seit 15 Jahren ihr treuer Gefährte. Die quirlige Yulla kommt ursprünglich aus Ungarn und wurde durch die Organisation «Animal Happy End» in die Schweiz gebracht, um ihr ein besseres Leben zu ermöglichen.
Zu Karins Tieren gehören nebst den Hunden auch holländische Zwerghühner, die heute gemütlich im hellen Stall sind. Dazwischen stolziert ein schöner Hahn. Emil, so heisst er, wäre geschlachtet worden, wenn er keinen Platz gefunden hätte. Emils Schicksal ist kein Einzelfall, da er das Ergebnis einer unüberlegten «Ausbrütaktion» ist. Jemand hat 50 Eier ausbrüten lassen und wohl ausgeblendet, dass aus diesen Eiern nicht nur Hühner schlüpfen, sondern auch Hähne.
Im Stallinnern hat es ein gemütlich eingerichtetes Katzenplätzchen mit warmen Decken, Kratzbaum und Spielzeug. Gerade als wir davorstehen, schiesst ein grauer Wirbelwind um die Ecke: Lewis, ein 7 Monate alter frecher, grauer Kater, der dem Alter entsprechend nur Flausen im Kopf hat. Er liebt es, mit den Hunden zu spielen, vor allem mit Yulla. Die zwei toben und rennen zusammen auf dem Hof, und es ist einfach nur schön und lustig, ihnen zuzuschauen.
Zusammen mit Lewis lebt auch die kleine, etwas scheuere Kätzin Izzy auf dem Hof. Sie sind von 2 verschiedenen Bauernhöfen, auf denen sie nicht bleiben konnten, als Welpen zu Karin gekommen. Hier können sie nach Herzenslust auf den Wiesen umherstreifen oder auf Bäume klettern und ihr Katzenleben in vollen Zügen geniessen.
Dr. med. vet. Josef Föhn
Auf der Hinterseite des Hofes blicken uns neugierig 3 Skudden an (eine ProSpecieRara-Rasse = seltene, traditionelle Schafrasse). Diese tollen Tiere kommen von einem Archehof, auf dem sie zum Schlachten gezüchtet werden. Auch sie hätte dieses Schicksal ereilt, wenn sie nicht bei Karin ein Für-immer-Zuhause gefunden hätten. Nun gehören die Schafe seit 8 Jahren zur tierischen Gemeinschaft.
Den Auslauf der 2 Schweine Molly und Holly kann man nicht übersehen. Sie haben die Wiese ganz nach ihrem Geschmack zu einem Acker inklusive Suhle umgestaltet. Molly und Holly sind schwarze Alpenschweine und stammen aus einer Nachbargemeinde. Sie wurden im Zuge eines Neubaus abgegeben. Wenn sie bei Karin kein Zuhause gefunden hätten, wären auch sie schlussendlich geschlachtet worden.
Wie alle Schweine sind auch diese beiden sehr intelligent. Sie lieben es, auszubrechen und allerlei Unsinn anzustellen. Karin lacht beim Erzählen: «Wenn die Zwei am Werk sind, sieht es nachher aus, als hätte ein Wirbelsturm gewütet.» Es ist einfach wundervoll, wenn Molly und Holly zufrieden in ihrem Auslauf liegen und sich die warme Herbstsonne auf die Borsten scheinen lassen können. Ein schweinisch schönes Leben, das so vielen Artgenossen leider verwehrt bleibt.
In einem weiteren Gehege mit einer extra für sie eingebauten Badewanne leben noch die beiden Laufenten Donald und Daisy. Wie alle anderen Tiere auf Karins Hof waren auch sie auf der Suche nach einem Plätzchen und sind hier fündig geworden.
Nachhaltigkeit als Lebensphilosophie
Nebst der Aufnahme und Pflege von «Nutz»- und Haustieren in Not, liegt es Karin sehr am Herzen, die einheimische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen. Sie führt mich zu einer Wiese mit einem Wildobstgarten und einem Beerenparadies. Gleich nebenan wächst ein Streifen mit Wildblumen, die zur Blütezeit von unzähligen heimischen Insekten aufgesucht werden. Überall dazwischen hat es aufgeschichtete Heu- und Holzhaufen, die Unterschlupf für verschiedenste kleine Wildtiere bieten.
An der Stallwand hängt weit oben ein grosser Falkenkasten, den die schönen Greifvögel zum Brüten aufsuchen können. Zudem hat sie ein natürliches Biotop angelegt, in dem Amphibien laichen und Libellen ihre Larven ablegen. Karin berichtet mir, dass es im Moment fast zu viele Libellenlarven in den verschiedensten Stadien hat, die dann den ganzen Laich auffressen. Die Lösung im nächsten Frühling ist also, dass der Laich in einen abgetrennten Bereich kommt.
Weiter unten gegen das Dorf zu, hat sie verschiedene Obstbäume angepflanzt und zudem etwas ganz Besonderes errichtet: einen Rosenweg. Bis zum Hof säumen 31 verschiedene heimische Rosenarten den Weg.
Zukunftsmusik
Ich freue mich sehr, als mir Karin sagt, dass dieses Stückchen heile Welt künftig auch andere Menschen bestaunen dürfen. Sie plant nebst Hofführungen 4 Kindernachmittage pro Jahr einzuführen (in jeder Jahreszeit einen), an denen sie den Kindern zeigt, was gerade wächst und gedeiht und was für Tiere in welchem Lebensraum leben. Eine spannende und sehr wichtige Aufgabe, den Kindern den Natur- und Tierschutz näher zu bringen. Da der Erlebenshof mitten in einem Wandergebiet liegt, bietet es sich an, Interessierten einen Einblick ins Hofleben zu geben und ihnen die Philosophie des Hofes näherzubringen. Rund um den Hof hat es nur Wiesen und Wälder, und in klaren Vollmondnächten ist es möglich, Wild zu beobachten. Vorausgesetzt, man ist ganz still, denn sonst zeigen sich die scheuen Tiere nicht. Wenn die nötigen Umbauten im Innern gemacht sind, möchte Karin gerne noch weitere Tiere in Not aufnehmen und ihre tierische Familie erweitern, beispielsweise durch ein paar Ziegen, 2 Kühe und vielleicht Esel oder Pferde.
Der Erlebenshof Vilztür ist ein Ort, der alle Sinne berührt, und er trägt seinen Namen zu Recht. Es gibt in jeder Jahreszeit viel zu erleben, vor allem im Frühling und Sommer muss es wunderschön sein, die vielen Wildblumen zu riechen, die farbenprächtigen Rosen und Schmetterlinge zu bestaunen, von den feinen Beeren zu kosten und all die tierischen Bewohner zu hören oder fühlen.
Auf dem Erlebenshof haben alle Tiere ein «All inclusive»-Leben: viel Auslauf, ein Dach über dem Kopf, das vor der Witterung schützt, jeden Tag ein warmes Bett, frisches Wasser und gutes Futter, Beschäftigung und vor allem viel Liebe. Karin hat ein riesengrosses Herz für Tiere. Das zeigt sich auch daran, dass für jedes verstorbene Tier als Erinnerung ein Strauch oder ein Bäumchen gepflanzt wird. Darum gebunden ist ein schönes Herz aus Stein, auf dem der Name des verstorbenen Tieres steht. Auch die Fotos der auf dem Hof lebenden Tiere sind in einem schönen Bilderrahmen im Stall aufgehängt.
Gerne würde ich mit ihr noch etwas auf dem gemütlichen Bänkli neben dem Teich sitzen, die Hunde streicheln und weiterplaudern, aber die Arbeit ruft. Wiederum verlasse ich einen Hof mit dem beruhigenden Gefühl, dass die Tiere, die dort zuhause sind, ein Leben lang in Sicherheit sind und liebevoll umsorgt werden. Es ist bewundernswert, wie sich Karin um ihre eigenen Tiere kümmert, aber auch, wie sie ihren ganzen Hof und die Umgebung naturnah mit einheimischen Pflanzen gestaltet und so zahlreichen Insekten, Amphibien und Wildtieren ein Zuhause bietet.
Mehr über den Erlebenshof Vilztür erfährst du auf der neuen Webseite: www.vilztuer.ch