Universalrechte, bitte! – Gastbeitrag von Robert Rauschmeier

 

Robert Rauschmeier ist Umwelt- und Tierrechtsaktivist und lebt seit Jahren bewusst vegan. Er engagiert sich in der Tierrechtsorganisation «Animal Save Zurich» und geht regelmässig zu Mahnwachen vor den Schlachthäusern, um den Tieren seinen Respekt zu zollen, und um ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu geben.

30. September 2021

"Es gibt kein Fleisch auf dem runden Planeten der Utopie. Früher gab es noch welches. Aber heute ertragen wir selbst die Vorstellung von Schlachthäusern nicht mehr … Ich erinnere mich noch an die Freude, als das letzte von ihnen geschlossen wurde, als ich ein Junge war." Der englische Science-Fiction-Autor H.G. Wells hat dies in seinem Buch "Eine moderne Utopie" 1905 niedergeschrieben.

Unvorstellbar, dass Schlachthäuser einmal einer grausamen Vergangenheit angehören sollten? Wir sind heute näher an dieser Utopie als gedacht. Das Laborfleisch könnte es möglich machen. Auch wenn die Menschheit für sich genommen vielleicht niemals aufhören wird Fleisch, Milch und Milchprodukte oder Eier zu essen, könnten künstlich geschaffene, gezüchtete Produkte dafür sorgen, dass schon bald keine Tiere mehr herangezüchtet, gemästet und schliesslich für den Konsum getötet werden müssen. Tierleidfrei und klimaschonender konsumieren tritt dann an diese Stelle.

Ein deutlicher Trend zu mehr Tierwohl und Klimafreundlichkeit
Wir leben in einer Zeit, in der wir uns eigentlich einig sind, dass Tierquälerei nicht sein darf. In der wir erkannt haben, dass auch Tiere empfindsame Lebewesen sind und wir ihnen ein Leben ermöglichen sollten, in dem das Leiden möglichst klein gehalten, wenn nicht sogar vermieden wird. Wir haben allerdings immer noch Schwierigkeiten, den Bezug zwischen dem, was uns Gaumenfreuden beim Essen bereitet, und dem, was man gerne übersieht – das Leid der Tiere –, herzustellen. Und wir haben immer noch Schwierigkeiten, damit klarzukommen, dass wir kein Tier für unsere Gesundheit zu töten und aufzuessen brauchen.

Aber es gibt gute Nachrichten. Seit etwa 30 Jahren wächst die Bewegung für die Tiere unablässig. Sie ist das Werk von Menschen, die getrieben von Mitgefühl und Empathie sich auch den Tieren zuwenden. Damit wird es immer schwieriger, so zu tun, als sei einem die Beziehung zwischen Schwein und Speck oder Kalb und Kalbsbratwurst nicht bewusst.

Der Tierschutz erfreut sich in der öffentlichen Meinung immer grösserer Sympathien
Auch die Zahl der Veganerinnen und Veganer steigt weltweit kontinuierlich an. Besonders bei jungen Leuten ist dieser Lebensstil sehr beliebt. Das Angebot von veganen Produkten im Detailhandel wächst und wird von den Konsumentinnen und Konsumenten nachgefragt. Es ist ein boomender Wirtschaftszweig. Und wir lesen, dass mittlerweile auch Firmen und Universitäten vermehrt auf «fleischlos» in ihren Kantinen setzen. Auch schiessen Restaurants mit immer mehr veganen Menüs wie Pilze förmlich aus dem Boden.

Ein deutlicher Trend zu mehr Tierwohl und Klimafreundlichkeit
Wir haben als Menschheit gelernt, Tieren Gefühle zuzusprechen. Wir haben eingesehen, dass sie genau wie wir Menschen Freude und Glück empfinden können. Aber auch Leid und Trauer. Deshalb ist der nächste Schritt, ihnen auch Rechte zuzugestehen, genau wie wir unserer eigenen Spezies auch Rechte zusprechen. Wir sprechen von Grundrechten oder Universalrechten: ein Recht auf Leben. Ein Recht auf psychische und physische Unversehrtheit und auch ein Recht auf Freiheit. Das sind die Pfeiler, auf die wir uns stützen. Und es spricht – eigentlich – nichts mehr dagegen, dass wir unsere Moralvorstellungen auf eine andere Spezies, die wir Tiere nennen, ausweiten. 

Mitgefühl und Empathie dürfen keine Grenzen kennen
Mitgefühl gilt ausnahmslos allen, die leiden. Wer von wahrem Mitgefühl durchdrungen ist, kann keinem empfindsamen Wesen Leid zufügen. Immer mehr Menschen sprechen sich dafür aus, Rechte auch den Tieren zuzugestehen und nicht nur auf unseresgleichen zu beschränken. Immer mehr sind der Ansicht, dass allen Lebewesen Güte entgegenzubringen nicht eine Option ist, sondern ein integraler Bestandteil jeder echten Ethik.

 Güte ist – so verstanden – einer der schönsten Ausdrücke der menschlichen Natur.